In diesem Jahr zeichnet sich eine reiche Obsternte ab. Die guten Bedingungen zur Blütezeit haben uns bereits große Mengen an Kirschen, Mirabellen oder Beerenfrüchte geliefert, jetzt lachen uns die reifen Früchte der Pflaumen-, Apfel- und Birnbäume an.
Gerade wenn das Angebot so groß ist, werden viele Früchte nicht abgeerntet – sei es, weil man so viel Obst nicht braucht und verarbeiten kann oder weil man es nicht mehr schafft. So verdirbt vieles direkt am Baum oder liegt ungenutzt faulend im Gras. Passanten und Mitbürger wagen aus Unsicherheit nicht, die Früchte zu ernten, da sie nicht wissen, wem die jeweiligen Bäume gehören und ob man sie abernten darf.
Um dem zu begegnen, hat sich die Stadt Kirchhain entschlossen, an der Aktion Gelbes Band teilzunehmen. Dieses Ernteprojekt zielt darauf ab, der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, indem Obstbaumbesitzer ihre Bäume zu Erntezwecken frei geben und jeder, der mag, dort ernten darf.
Der Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg hat diese Idee 2018 erstmals verwirklicht und seither viele Nachahmer gefunden, so dass sich eine bundesweiten Aktion entwickelt hat, unterstützt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Das Prinzip ist einfach: Wer Obstbäume besitzt, aber während der Obstsaison die Ernte der vielen Früchte nicht gewährleisten kann, markiert die Bäume mit einem gelben Band. Dieses signalisiert: Hier dürfen die Früchte ohne Rücksprache für den eigenen Bedarf gepflückt und bereits heruntergefallenes Obst aufgelesen werden.
Unterstützt vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) hat sich die Stadt Kirchhain entschlossen, bei dieser sinnvollen Aktion mitzumachen. Die Stadt gibt in ihrem Besitz befindliche nicht verpachtete Streuobstflächen und Obstbäume zu Erntezwecken frei. Die Mitglieder des BUND Kirchhain markieren die infrage kommenden Bäume gut sichtbar mit einem gelben Band als Einladung zum Pflücken. Meist werden mehrere zusammenstehende Bäume oder Baumreihen markiert; am Anfang und Ende der Baumreihe wird ein zugehöriger Info-Text angebracht, der die Aktion nochmal erläutert und auf die folgenden Verhaltensregeln hinweist.
Ernten Sie ausschließlich von Bäumen und Sträuchern, die ein gelbes Band tragen.
Seien Sie achtsam gegenüber der Natur und dem Eigentum anderer. Gehen Sie behutsam mit den Obstbäumen um.
Ernten Sie nur, was – ohne Benutzung von Leitern o. ä. – in Reichweite hängt oder lesen Sie die Früchte vom Boden auf.
Achten Sie beim Betreten der Obstwiese auf Bodenunebenheiten, herumliegende Äste oder andere mögliche Gefahrenstellen.
Ernten Sie nur so viel, wie Sie tatsächlich verbrauchen können.
Jeder hat durch diese Aktion die Chance, kostenlos vorhandenes gesundes Obst zu ernten. Die Verteuerung im Lebensmittelbereich, insbesondere bei Obst und Gemüse, sollte Anreiz genug sein, das lokale Angebot zu nutzen. Darüber hinaus kann man die große Bandbreite der regionalen Obstsorten kennenlernen, die in ihrem Geschmack und ihrer Verwendbarkeit weit über die wenigen gängigen Supermarktsorten hinausgehen: Zum direkten Verzehr, als Lagerapfel, zum Backen, als Apfelmus oder Apfelgelee, als Trockenobst und zur Apfelsaftsaftherstellung – jede Sorte hat ihre eigenen Vorzüge. Außerdem profitieren Allergiker vom Verzehr alter Lokalsorten, da diese im Gegensatz zu dem gezüchteten Apfelangebot in Geschäften und auf Wochenmärkten wegen der enthaltenen Polyphenole keine Allergien auslösen. Und vielleicht macht manch einer die tolle Erfahrung, dass ein nicht ganz ebenmäßig gewachsener Apfel, der keiner DIN- oder Euronorm entspricht, einen ganz wunderbaren Geschmack hat.
Auch private Eigentümer von Obstbäumen sind aufgefordert, sich der Aktion anzuschließen. Wer seine Äpfel, Birnen oder Pflaumen nicht selbst abernten kann oder möchte, kann mit einer gut sichtbaren einfachen gelben Schleife die Mitmenschen einladen, sich am Überschuss zu bedienen.
Die Stadt und der BUND Kirchhain hoffen darauf, dass sich viele Mitbürgerinnen und Mitbürger an der Aktion beteiligen, sei es als Anbieter überschüssigen Obstes an den eigenen Bäumen, aber noch viel mehr als „Konsumenten“, die das zur Verfügung gestellte Obstangebot nutzen. Ab der ersten Septemberwoche sind die fraglichen Bäume markiert und rufen zur Ernte auf, solange es sich lohnt!
Weitere Informationen unter: Stadt Kirchhain bund-kirchhain.de Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Text und Fotos: BUND
Redaktionelle Aufbereitung: Frank Wagner
Comments